Die psychosoziale Prozessbegleitung bietet verletzten Zeuginnen und Zeugen Unterstützung während eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens. Das Angebot ist sinnvoll, wenn Sie selbst Anzeige erstattet haben oder dies noch tun wollen. Eine psychosoziale Prozessbegleitung hat jedoch keine rechtsvertretende oder therapeutische Aufgaben und ebenfalls kein Zeugnisverweigerungsrecht. Es bietet Unterstützung in den jeweiligen Phasen eines Strafverfahrens, beginnend bei der Erstattung einer Anzeige bei der Polizei bis zum Abschluss des Verfahrens. Psychosoziale Prozessbegleitung beginnt, je nach Fallkonstellation, in manchen Fällen schon vor der Hauptverhandlungen und in Einzelfällen bereits vor einer Anzeigenerstattung. Sie kann, je nach Wunsch und je nach Bedarf, auch nach Abschluss des Strafverfahrens weiter fortgeführt werden. Weitere nützliche Informationen finden Sie in folgendem Flyer und unter der Website der Stiftung OPFERHILFE Niedersachsen. Gerne sind auch wir Ihnen behilflich, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.
Beratungsstellen in der Umgebung
Braunschweig
Frauen- und Mädchenberatungsstelle bei sexueller Gewalt e.V.
Frau Roswitha Gemke
Goslarsche Straße 88, 38118 Braunschweig
Tel: 0531 2336666 | Fax: 0531 2336668
E-Mail: frau-maed-beratung-bs@gmx.net
Web: www.trau-dich-bs.de
Hinweis: Männer wenden sich bitte an das Büro in Hildesheim.
Hildesheim
Opferhilfebüro Hildesheim
Frau Marion Gottschlich
Kaiserstraße 60, 31134 Hildesheim
Tel: 05121 968219 | Fax: 05121 968223
E-Mail: marion.gottschlich@justiz.niedersachsen.de
Salzgitter
Hier existiert noch kein Opferhilfebüro.
Sie können sich für das Büro in Hildesheim oder Braunschweig entscheiden.
Rechtliche Grundlage
Seit dem 01.01.2017 gibt es einen bundesweiten gesetzlichen Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung. Zuvor trat das „Gesetz zur Stärkung der Opferrechte in Strafverfahren - 3. Opferrechtsreformgesetz vom 21.12.2015“ in kraft. Die psychosoziale Prozessbegleitung wurde neu im Paragraf 406 g der Strafprozessordnung (StPO) aufgenommen. Personengruppen, die Opfer einer schweren Straftat wurden, erhalten auf Antrag bei Gericht durch eine Beiordnung eine psychoziale Prozessbegleitung. Das Gesetz regelt ebenso die Grundsätze einer Prozessbegleitung, seine Anforderungen an die Qualifikation der Begleiterinnen und Begleiter und die Vergütung der in diesem Bereich tätigen Fachkräfte.
Zuvor hatte sich das für Braunschweig und Salzgitter zuständige Justizministerium des Landes Niedersachsen intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Ziel des Projektes „Implementierung eines landesweiten Angebotes der psychosozialen Prozessbegleitung in Niedersachsen (pProbe)“ war die Entwicklung von Qualitätsstandards, die Schaffung einer Organisationsstruktur für entsprechende Angebote sowie die Erarbeitung von Maßnahmen zur Qualifizierung psychosozialer Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter.
Psychosoziale Prozessbegleitung
Diese Art der Prozessbegleitung ist eine intensive Form der Entlastung und Förderung von Opfern von Straftaten. Die geschulten Prozessbegleiterinnen und -begleiter unterstützen in bestimmten Fällen auch deren Angehörige. Die Hilfeleistung erfolgt während und nach einem Strafverfahren. Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter informieren über alle Fragen, die mit einem Strafverfahren in Verbindung stehen und sorgen dafür, dass Belastungen von Verletzten bei einem Strafprozess verringert werden. Ebenfalls leisten sie Hilfestellung bei der Bewältigung des Alltags.
Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung
Diese besondere Art der Prozessbegleitung richtet sich an Zeuginnen und Zeugen die besonders schutzbedürftig sind, Hierzu gehören Kinder und Jugendliche, Personen mit einer psychischen Beeinträchtigung oder Behinderung, Opfer von Sexualdelikten und Betroffene mit besonders schweren Tatfolgen.
Jede/r Verletzte/ kann auf eigene Kosten eine psychosoziale Prozessbegleitung beiziehen.
Verletzten,
- die bei Begehung der Tat jünger als 18 Jahre alt waren und Opfer von Sexualdelikten wurden,
- oder die Opfer von Sexualdelikten wurden und ihre Interessen nicht selbst vertreten können,
- oder Opfer schwerer Gewaltdelikte wurden und jünger als 18 Jahre alt waren,
- oder die Opfer schwerer Gewaltdelikte wurden und ihre Interessen selbst nicht vertreten können,
ist auf Antrag eine psychosoziale Prozessbegleitung zwingend kostenlos beizuordnen.
Verletzten,
- die Opfer versuchter Tötungsdelikte wurden oder ihre Angehörige,
- oder Opfer sexueller Nötigung, Vergewaltigung, Menschenhandel, Zwangsprostitution wurden,
- die Opfer schwerer Gewaltverbrechen wurden und diese Tat schwere körperliche oder seelische Schäden nach sich zog,
kann das Gericht eine Prozessbegleitung auf Antrag kostenlos beiordnen, sofern der Verletzte besonders schutzbedürftig ist.
Die Begleitung wird nur durch ein Gericht auf Antrag oder bei besonderer Schutzbedürftigkeit angeordnet und für die Inanspruchnahme entstehen keine Kosten. Auch alle anderen Geschädigten können diese Leistung in Anspruch nehmen.
Beiordnung
Sind die Voraussetzungen für eine Prozessbegleitung erfüllt, kann formlos ein Antrag auf Beiordnung einer Prozessbegleitung beim zuständigen Gericht gestellt werden. Die Zuständigkeit des Gerichtes richtet sich nach dem Stand des Strafverfahrens (Vgl. Paragraf 406 g Abs. 3 Satz 5 i. V. mit Paragraf 162 StPO). Während eines Ermittlungsverfahrens entscheidet das Amtsgericht, das sich am Sitz der zuständigen Staatsanwaltschaft befindet. Während des Hauptverfahrens entscheidet das mit der Sache betraute Gericht über eine Beiordnung. Das Gericht wählt zudem die beizuordnende Person aus.
Je nach Bundesland sind die örtlichen und sachlichen Zuständigkeiten geregelt. Ebenfalls sind die jeweils anerkannten Begleiterinnen und Begleiter auf Listen erfasst.
In Braunschweig ist der Antrag an das Amtsgericht Braunschweig oder die Staatsanwaltschaft Braunschweig zu richten. In Salzgitter ist der entsprechende Antrag beim Amtsgericht beziehungsweise der Staatsanwaltschaft Salzgitter zu stellen.
Ziel
Die psychosoziale Prozessbegleitung hat das Ziel, Verletzte zu stärken und zu stabilisieren. Sie soll dazu beitragen, dass die Belastungen der Opfer reduziert werden. Durch intensive und individuelle Betreuung und Begleitung sollen Verletzte nicht erneut zu Opfern werden. Auch wird die Aussagebereitschaft von Zeuginnen und Zeugen gestärkt.
Während einer Prozessbegleitung erfolgt jedoch keine Aufarbeitung der Tat. Ebenfalls wird nicht über das Tatgeschehen gesprochen. Die psychosoziale Prozessbegleitung ersetzt keine therapeutischen Behandlungen und ist ebenfalls keine rechtliche Beratung. Sie versteht sich nur als Zusatzangebot für schutzbedürftige Verletzte.
Qualifikation psychosozialer Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter
Prozessbegleiterinnen und -begleiter sind geschulte Fachkräfte, die mit allen Gruppen, die am Strafverfahren beteiligt sind, kooperieren. Sie sind mit allen strafprozessualen Bedingungen vertraut. Genauso sind sie ausgebildet beim Umgang mit den Folgen von Straftaten für Opfer.
Prozessberaterinnen und Prozessberater
- informieren umfassend über das Verfahren,
- geben Hilfestellung in den Bereichen, die als Folge einer Straftat beeinträchtigt wurden,
- treten als Vermittler zwischen Verfahrensbeteiligten ein und verschaffen sich einen Gesamtüberblick,
- klären über Rechte und Pflichten von Zeuginnen und Zeugen auf,
- vermitteln gegebenenfalls andere Fachkräfte, wie Ärztinnen oder Ärzte oder Therapeutinnen und Therapeuten,
- ermöglichen die Aufarbeitung und Klärung aller Fragen und Unsicherheiten zum Strafprozess, schaffen Vertrauen und vermitteln einen vertrauten Rahmen.
Anerkennung als psychosoziale Prozessbegleiterin und Prozessbegleiter
Damit diese Tätigkeit ausgeübt werden kann, ist eine Qualifizierung erforderlich. Das Bundesland Niedersachsen verfügt über eigene Qualitätsstandards auf denen die Qualifizierung basiert. Die Umsetzung erfolgt durch die Stiftung Opferhilfe Niedersachsen.
Die Anerkennung erfolgt durch das Niedersächsische Justizministerium. Grundlage bildet das „Niedersächsische Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren - Nds. AG PsychPbG“.
Ansprechpartner ist die Koordinierende Stelle der psychosozialen Prozessbegleitung in Niedersachsen, Am Waterlooplatz 1, 30169 Hannover, E-Mail: MJH-KoordinierungsstellepProbe@justiz.niedersachsen.de, Telefon: 0511/120-5095 oder 0511/120-8728.
Detaillierte Informationen sind auf der Internetseite des Niedersächsischen Landesjustizportals unter: https://justizportal.niedersachsen.de/startseite/burgerservice/opferschutz/psychosoziale_prozessbegleitung/psychosoziale-prozessbegleitung-in-niedersachsen-160951.html zu finden.