Insolvenzstrafrecht
Gerät Ihr Unternehmen in finanzielle Schieflage, richten Sie Ihr erstes Augenmerk vermutlich auf den Versuch, das Unternehmen zu retten und Arbeitsplätze zu sichern. Das ist natürlich ehrenhaft und nachvollziehbar, birgt allerdings die Gefahr Ihrer eigenen Strafbarkeit. Denn wenn Ihre Firma (oder Sie als Privatperson) nicht mehr in der Lage sind, alle Schulden bei Ihren Gläubigern zu begleichen, Steuern, Arbeitgeberbeiträge etc. zu zahlen, dann greift der Staat mit dem Insolvenzrecht ein, um zu erreichen, dass alle Gläubiger in gleichem Maße von dem noch vorhandenen Geld profitieren: Niemand soll bevorzugt, niemand benachteiligt werden. Wenn die geordnete Durchführung des Insolvenzverfahrens zu scheitern droht, greift das Insolvenzstrafrecht ein.
Strafbar kann sich machen, wer Inhaber, Gesellschafter, Geschäftsführer, gesetzlicher Vertreter oder Vorstand eines Unternehmens ist. Auch der sogenannte faktische Geschäftsführer kann sich strafbar machen. Er ist zwar nicht im Handelsregister als gesetzlicher Vertreter eingetragen, leitet jedoch faktisch den Betrieb bzw. hat wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung, daher gilt für ihn regelmäßig die gleiche strafrechtliche Haftung wie für den ordnungsgemäßen Geschäftsführer.
Wird die Insolvenz allerdings rechtzeitig angemeldet und das Insolvenzverfahren ordnungsgemäß durchgeführt, drohen dem Betroffenen auch keine strafrechtlichen Folgen. Strafbar sind nur bestimmte Handlungen, die zur Insolvenz führen oder in der Insolvenz getätigt werden, um die gerechte Aufteilung der Insolvenzmasse zu verhindern.
Welche Insolvenzdelikte gibt es?
Die Insolvenzdelikte sollen den Schutz der Vermögensinteressen der Gesamtheit der Gläubiger gewährleisten und eine möglichst vollständige Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger gegen den Schuldner aus der Insolvenzmasse garantieren. Dabei werden Insolvenzstraftaten im engeren und im weiteren Sinn unterschieden:
- Insolvenzstraftaten im engeren Sinne sind solche, die im Strafgesetzbuch unter den §§ 283 bis 283d StGB geregelt sind. Durch sie wird die Insolvenzmasse vor unwirtschaftlicher Verringerung, Verheimlichung und ungerechter Verteilung geschützt. Strafbar sind zum einen Handlungen, die während einer Zahlungskrise vorgenommen wurden und zum anderen Handlungen, die vor einer Krise getätigt wurden und dann zur Krise geführt haben.
Eine Krise liegt immer dann vor, wenn entweder bereits eine Überschuldung vorliegt oder wenn die etwaige Zahlungsunfähigkeit unmittelbar bevorsteht.
Um den Straftatbestand des § 283 StGB zu erfüllen, muss vom Insolvenzschuldner eine sogenannte Bankrotthandlung vorgenommen werden.
Unter Bankrotthandlungen fallen beispielsweise das Unterdrücken von Vermögen oder die Vornahme von unwirtschaftlichen Geschäften, ebenso auch die Verletzung der Buchführungs-, Inventarisierungs- und Bilanzierungspflicht. Ein besonders schwerer Fall des Bankrotts wird angenommen, wenn aus Gewinnsucht gehandelt wird oder durch die Bankrotthandlung wesentlich viele Personen in die Gefahr des Verlusts von Vermögenswerten kommen oder in wirtschaftliche Not geraten.
Auch die Insolvenzverschleppung gehört zu den Insolvenzstraftaten im engeren Sinne. Sie ist in § 15a der Insolvenzordnung geregelt. Für juristische Personen, also z.B. für eine GmbH, besteht die Pflicht, bei Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit innerhalb einer bestimmten Frist einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird dem nicht nachgekommen, kommt eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung in Betracht. Ein Insolvenzantrag muss innerhalb von drei Wochen nach Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt werden.
- Insolvenzstraftaten im weiteren Sinne sind Straftatbestände, die im Zusammenhang mit der bevorstehenden oder eingetretenen Insolvenz stehen und zum Nachteil von Gläubigern, Staat und Dritten begangen werden. Je nach Einzelfall kommen dabei unterschiedliche Straftatbestände in Betracht, beispielsweise der Betrug in unterschiedlichen Kombinationen, aber auch die Steuerhinterziehung oder das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgeld.
Wie hoch ist das Strafmaß?
Bei einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung kommt beispielsweise eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren in Betracht. Bei Fahrlässigkeit liegt die Maximalstrafe bei einem Jahr. Es kann allerdings auch eine Geldstrafe verhängt werden.
Der Bankrott wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Beim fahrlässigen Bankrott liegt die Maximalstrafe bei zwei Jahren. Liegt allerdings ein schwerer Fall des Bankrotts vor, ist die Spanne bei sechs Monaten bis zehn Jahren Freiheitsstrafe.
Wie hoch die jeweilige Strafe ausfällt liegt an den Umständen des Einzelfalles. Dabei werden besonders eventuelle Vorstrafen und die Höhe und das Maß der Schädigung berücksichtigt.
Was sollten Sie tun, wenn ein Insolvenzstrafverfahren droht?
Machen Sie in diesem Fall unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch und machen Sie gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst keinerlei Angaben. Kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt und lassen Sie sich ausführlich beraten. In einer privaten oder unternehmerischen finanziellen Krise werden Sie viele verschiedene Sorgen haben; suchen Sie sich daher schnell juristische Hilfe, um die Angelegenheit zu ordnen.